Die Halbleiterbranche durchlebt aktuell schwierige Zeiten. Dies haben die jüngsten Quartalszahlen des US-Speicherchip-Produzenten Micron Technology deutlich gezeigt. Doch das Schlimmste könnte bereits wieder überstanden sein. Die Nachfrage nach Chips zieht in einigen Bereichen wieder spürbar an.
Angebot und Nachfrage bei Halbleiter-Bausteinen schwanken zwar stets rhythmisch, folgen also dem sogenannten Schweinezyklus. Und auf Phasen mit hoher Nachfrage folgen immer wieder auch Phasen mit heftigen Nachfragerückgängen. Doch was die Branche aktuell erlebt, ist extrem.
Mit der Corona-Pandemie erhöhte sich 2020 schlagartig die Nachfrage, was in einigen Segmenten (Notebooks, Bürocomputer, Drucker, Server, Webcams etc.) zu anhaltender Knappheit vieler Halbleiterelemente führte. Die Preise für diese Elemente stiegen kräftig. Viele Konzerne erhöhten daraufhin ihre Produktion, um vom Nachfrageboom überproportional zu profitieren. Doch es kam was kommen musste – die Pandemie endete und die Nachfrage nach Chips ging wieder zurück. Die Produktion der Halbleiter-Hersteller lief zunächst auf Hochtouren weiter, womit die Lagerbestände stark anstiegen. Mit dem heftigen Anstieg der Verbraucherpreise (Inflation) erschwerte sich die Lage zusätzlich. Viele Kunden mussten ihr Geld zusammenhalten und übten sich vor allem bei Smartphones, PCs oder Tablets in Verzicht. Dies bekamen vor allem Speicherchip-Hersteller zu spüren.
Heftig erwischt hat es auch den US-Speicherchip-Produzenten Micron Technology. Micron erzielte im kürzlich abgelaufenen zweiten Quartal, das am 2. März endete, einen Umsatz in Höhe von 3,69 Milliarden US-Dollar. Hört sich viel an, doch waren es gut 53 Prozent weniger als ein Jahr zuvor. Mit einem Verlust von 2,31 Milliarden Dollar erzielte Micron sogar den größten Quartalsverlust der Unternehmensgeschichte – im Vorjahr stand noch ein Gewinn von 2,26 Milliarden Dollar zu Buche. Schuld am hohen Verlust waren Abschreibungen in Höhe von 1,43 Milliarden Dollar, denn ein Großteil der im Lager befindlichen Speicherchips lassen sich inzwischen nur noch zu deutlich niedrigeren Preisen verkaufen.
Micron hofft auf Besserung und stellte für das laufende dritte Geschäftsquartal einen Umsatz zwischen 3,5 Milliarden und 3,9 Milliarden Dollar in Aussicht. Die obere Zielmarke lag leicht oberhalb der Analystenschätzungen. Vorstandschef Sanjay Mehrotra sieht dabei eine Entspannung bei den Lagerbeständen der Kunden und geht von einer stetigen Verbesserung der Balance zwischen Angebot und Nachfrage in der Industrie aus. Die jüngsten Fortschritte bei der Künstlichen Intelligenz (KI) etwa in Form des Chatbots ChatGPT der von Microsoft unterstützten Firma OpenAI hat die Nachfrage nach Datenzentren jedoch bereits enorm angekurbelt. Micron setzt daher auf den weiter steigenden Speicherhunger der schnell wachsenden KI-Branche.
So schlecht die Zahlen auch waren, der Markt hatte im Vorfeld bereits damit gerechnet. Aufgrund des leicht optimistischen Ausblicks griffen die Anleger bei der Micron-Aktie sogar wieder beherzt zu.
Die Halbleiterbranche und auch Micron könnten das Schlimmste hinter sich haben. Charttechnisch ergibt sich bei der Micron-Aktie bereits eine vielversprechende Ausgangssituation. Seit rund neun Monaten bewegt sich die Aktie in einer breit ausgelegten Seitwärtsbewegung mit den Begrenzungen bei 65,42 US-Dollar auf der Oberseite und 48,43 Dollar auf der Unterseite seitwärts. Aktuell nähert sie sich wieder der oberen Begrenzung womit ein Ausbruch nach oben bevorstehen könnte. Dafür müsste die Widerstandszone zwischen 64,34 und 65,42 Dollar nach oben durchbrochen werden. Gelingt dies, würde ein kräftiges Kaufsignal generiert. Gleichzeitig würde sich weiteres Aufwärtspotenzial bis zur Widerstandszone zwischen 75,41 und 76,23 Dollar eröffnen. Scheitert der Ausbruch nach oben, könnte zunächst ein Rücksetzer auf die aktuell bei 57,06 Dollar verlaufende 200-Tage-Linie drohen.