Der Labor- und Pharmazulieferer Sartorius durchlebt aktuell eine schwierige Phase. Nach dem Auftragsboom während der Corona-Pandemie bekommt das Unternehmen aktuell die Zurückhaltung der Kunden zu spüren. Mit der zweiten Gewinnwarnung und der Senkung der Mittelfristziele geriet die Aktie zuletzt kräftig unter Druck. Für langfristig denkende Anleger könnte sich aktuell aber eine vielversprechende Einstiegsgelegenheit ergeben.
Die Vorzugsaktien von Sartorius notieren seit Jahresanfang bereits um mehr als 30 Prozent im Minus und gehören damit zu den schwächsten Werten im deutschen Leitindex DAX in diesem Jahr. Zieht man das Rekordhoch vom November 2021 bei 631,60 Euro heran, hat die Aktie seither sogar bereits um mehr als 60 Prozent nachgegeben.
Der Labor- und Pharmazulieferer war damals einer der großen Profiteure der Corona-Pandemie und konnte sich vor Aufträgen kaum retten. Rückenwind bescherten dem Unternehmen zusätzlich die Lieferkettenprobleme. Aus Angst vor Engpässen stockten die Unternehmen ihre Bestände kräftig auf, was bei Sartorius die Kassen klingeln ließ. Doch die Situation hat sich komplett verändert. Die Nachfrage nach Labormaterial und sonstigem Pharmazubehör ging zuletzt stark zurück. Die damals prall gefüllten Bestände der Kunden werden nur sehr langsam abgebaut, weshalb Sartorius derzeit deutlich weniger Umsatz macht.
Sartorius hat in den ersten neun Monaten 2023 einen Konzernumsatz von rund 2,55 Milliarden Euro erzielt, was einem Rückgang im Vergleich zum Vorjahreszeitraum von rund 18 Prozent entspricht. Der operative Gewinn (EBITDA) sank um etwas mehr als 30 Prozent auf 733 Millionen Euro, womit die operative Gewinnmarge rund 29 Prozent erreichte, nach 33,8 Prozent im Vorjahreszeitraum. Ähnlich schwach entwickelte sich auch die Auftragslage – der Auftragseingang brach nach neun Monaten um fast 30 Prozent auf 2,2 Milliarden Euro ein. Die schwächelnde Nachfrage hält inzwischen länger an, als das Unternehmen erwartet hat, weshalb es seine Prognosen für das Gesamtjahr im Anschluss bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr anpassen musste. Inzwischen geht das Göttinger Unternehmen davon aus, dass der Umsatz in diesem Jahr im Vergleich zum Vorjahr um 17 Prozent schrumpfen wird. Die Gewinnmarge wird bei etwa 28 Prozent erwartet.
Aktuell ist noch wenig Licht am Ende des Tunnels zu erkennen. „In den nächsten Quartalen wird sich die Erholung nur langsam durchsetzen“, sagte Konzernchef Joachim Kreuzburg bei Vorlegung der Zahlen. Doch das Unternehmen ist zuversichtlich, bald wieder zu Wachstum zurückkehren zu können. Die langfristigen Aussichten seien dank einer alternden Bevölkerung und der zunehmenden Bedeutung von Biopharmazeutika positiv, betonte der Sartorius-Chef. Und er sieht den Konzern auch hervorragend aufgestellt, um daran zu partizipieren.
Möglicherweise war der Markt Ende 2021, als die Vorzugsaktie bei 631,60 Euro ein Allzeithoch markierte, etwas zu optimistisch. Der Konzern hat derzeit Schwierigkeiten, zu Wachstum zurückzukehren, doch könnte der Markt aktuell etwas zu pessimistisch sein. Die Vorzugsaktie notiert aktuell bei etwa 250 Euro – Anleger mussten vor etwa zwei Jahren also über 150 Prozent mehr für die Aktie bezahlen.
Das Chartbild hat sich mit dem Unterschreiten des Unterstützungsbereichs bei 293,30/291,90 Euro, der aus den Tiefpunkten vom Juni 2022 und Juni 2023 resultierte, gravierend eingetrübt. Um die nächste Unterstützung ausfindig zu machen, muss man weit zurückblicken. Bis zum Zwischenhoch vom Februar 2020 bei 243,20 Euro stellt sich vorerst kein signifikanter Support mehr in den Weg. Danach könnte sogar das Corona-Tief vom März 2020 bei 162,20 Euro in den Fokus rücken. Kann die Aktie jedoch zuletzt unterschrittenen Bereich bei 291,90/293,30 Euro zurückerobern – bei 291,47 Euro verläuft aktuell auch die 38-Tage-Linie –, könnte das Kaufinteresse für den Wert wieder deutlich zunehmen. Ein Heranlaufen an den aktuell bei 352,21 Euro verlaufenden 200-Tage-Durchschnitt wäre dann durchaus möglich.