Nach wie vor sorgt der Hype um Künstliche Intelligenz (KI) an den Aktienmärkten für sehr viel Fantasie. Gestern waren es die Aktien des US-Softwarekonzerns Oracle, die in Erwartung künftiger KI-Geschäfte kräftig anzogen und neue Rekordhöhen erreichten. Viele Anleger glauben noch immer, dass es sich bei KI nur um einen kurzzeitigen Hype handelt, doch reißen die guten Nachrichten bei diesem Thema nicht ab.
Während der Höhenflug der NVIDIA-Aktie inzwischen bereits mehrfach durch beeindruckende Quartalszahlen untermauert wurde, beruht der Höhenflug der Oracle-Aktie noch sehr viel auf Fantasie. Allerdings scheint diese Fantasie berechtigt zu sein, wie die jüngsten Meldungen des Softwarekonzerns hoffen lassen.
Oracle erzielte im vierten Geschäftsquartal (per Ende Mai) Umsätze in Höhe von 14,3 Milliarden US-Dollar, was ein Plus von 3 Prozent gegenüber dem Vorjahr bedeutete. Analysten hatten im Konsens mit etwas mehr gerechnet. Und auch beim Nettogewinn konnte Oracle nicht unbedingt überzeugen – dieser ging im Vergleich zum Vorjahr um 5 Prozent auf 3,1 Milliarden Dollar zurück. Allerdings wurde das Vorjahresergebnis von einer Steuergutschrift begünstigt.
Um KI-Fantasie erkennen zu können, muss man schon etwas genauer auf die Zahlen schauen, denn sie liegt im Cloud-Geschäft von Oracle. Die Cloud-Umsätze zogen im Vergleich zum Vorjahr um 20 Prozent auf 5,3 Milliarden Dollar an. Im Geschäftsfeld Cloud-Infrastruktur kletterten die Erlöse sogar um 42 Prozent auf 2,0 Milliarden Dollar. Was die Analysten jedoch besonders beeindruckte, war der hohe Auftragsbestand. Genauer gesagt, der sogenannte bereits gesicherte zukünftige Umsatz (Remaining Performance Obligation, RPO), der im Schlussquartal um 44 Prozent auf 98 Milliarden Dollar nach oben geschnellt ist.
Angeheizt wurde die Fantasie von der Meldung, dass Oracle seine Kooperation mit dem Software-Schwergewicht Microsoft und dem ChatGPT-Erfinder OpenAI im vierten Quartal erheblich ausgebaut hat. So wurden bereits zahlreiche Cloud-KI-Plattformen von Microsoft auf Oracle-Datenzentren installiert. Zudem will der Suchmaschinenbetreiber Google künftig Oracle-Datenbanktechnik in seiner Cloud-Plattform anbieten. Aufgrund der jetzt schon erkennbaren Dynamik bei Neubuchungen stellte Oracle-Chefin Safra Catz ein Umsatzwachstum für das neue Geschäftsjahr im zweistelligen Prozentbereich in Aussicht.
Die Oracle-Aktie zog im gestrigen US-Handel um 16,50 US-Dollar oder 13,32 Prozent auf 140,38 Dollar an. Die alte Bestmarke vom 21. März bei 132,77 Dollar wurde damit deutlich übertroffen. Im Tageshoch ging es gestern sogar bis auf 140,94 Dollar aufwärts, wo nun die neue historische Bestmarke liegt. Auf der Oberseite stellen sich der Aktie zunächst keine Hindernisse in den Weg. Einige Analysten halten Kurse von 160 Euro für möglich. Es liegt aber bereits eine überkaufte Marktphase vor, weshalb es kurzfristig durchaus zu Gewinnmitnahmen kommen könnte. Wird das alte Hoch wieder unterschritten, sollte die massive Unterstützungszone zwischen 127,54 und 126,70 Dollar für Halt sorgen.