Der Softwarekonzern Oracle konnte jüngst mit seinen Umsatzzahlen die Erwartungen den Marktes nicht erfüllen und wurde an der Börse bestraft. Speziell das Wachstum des boomende Cloud-Geschäfts blieb hinter den Erwartungen zurück. Die Reaktion der Börse war aber weniger auf eine wirkliche Enttäuschung zurückzuführen, sondern vielmehr auf einen überzogenen Optimismus.
Es ist erst wenige Tage her, da verwendete ein prominenter Analyst das Wort „Künstliche Intelligenz“, kurz KI, bei einer Analyse zum E-Auto-Pionier Tesla und löste einen Kurssprung von mehr als 10 Prozent bei den Telsa-Aktien aus. Der Analyst stellte ein märchenhaftes Umsatz- und Renditepotenzial durch „Dojo“ in Aussicht – ein für das Training künstlicher Intelligenzen für selbstfahrende Autos entwickelter Rechner. Wegen des KI-Booms stellte zuletzt auch der Softwarekonzern Oracle eine steigende Nachfrage nach seinen ebenfalls boomenden Cloud-Diensten in Aussicht. Die Aktie kletterte daraufhin auf neue Rekordhöhen und notierte seit Jahresanfang bereits um mehr als 50 Prozent im Plus.
Doch wer nicht liefert, der wird bestraft. Oracle veröffentlichte in dieser Woche seine Zahlen für das erste Quartal des Geschäftsjahres 2023/24 und wusste nur bedingt zu überzeugen. Der SAP-Konkurrent steigerte seine Erlöse im Vergleich zum Vorjahr zwar um 8,8 Prozent auf 12,45 Milliarden US-Dollar, doch verfehlte er damit die Erwartungen des Marktes leicht. Speziell die Cloud-Umsätze, die nach eigenen Aussagen ja vom KI-Boom profitieren sollten, blieben hinter den Erwartungen zurück. Wuchs die Sparte im vorherigen Quartal auf Jahressicht noch um 54 Prozent, so hat sich das Wachstum im gerade abgelaufenen Quartal auf knapp unter 30 Prozent verlangsamt. Im Vergleich zum Vorquartal konnten die Cloud-Erlöse nur um 4,5 Prozent auf 4,64 Milliarden Dollar gesteigert werden. Unter dem Strich verdiente der Konzern rund 2,4 Milliarden Dollar und damit etwa 56 Prozent mehr als im Vorjahr.
Nach den Zahlen brach die Aktie um mehr als 10 Prozent ein, was allerdings weniger an einer echten Enttäuschung als vielmehr an überzogenem Optimismus lag. Optimismus, den der Konzern nach dem ermutigendem Ausblick im Juni selber verursachte. Das Cloud-Wachstum hat sich zuletzt verlangsamt, dürfte aber auch in den kommenden Quartalen intakt im Bereich der 30-Prozent-Marke bleiben. Wer sich damit anfreunden kann, dass Oracle nicht mehr ganz so rasant wächst wie in der Vergangenheit und im Cloud-Segment wie seine Konkurrenten mit Sättigungseffekten zu kämpfen haben wird, für den ist die Oracle-Aktie nach dem Kursrückgang ein interessantes Investment.
Nachdem die Aktie im Juni bei 127,54 US-Dollar ein neues Rekordhoch erreichte und sich unmittelbar vor den jüngsten Quartalszahlen noch einmal bis auf 127,42 Dollar nach oben kämpfte, ging es in dieser Woche kurzzeitig bis auf 107,30 Dollar abwärts. Das Hoch vom Dezember 2021 bei 106,34 Dollar, das bis vor kurzem noch das Rekordhoch markierte, rückte damit wieder in bedrohliche Nähe. Gestern ging es für die Oracle-Papiere bereits wieder um mehr als 2 Prozent auf 111,83 Dollar aufwärts. Auf der Unterseite sollte das 2021er-Hoch halten, da sonst weitere Kursrückgänge drohen könnten. Kann die Aktie ihren aktuell bei 117,23 Dollar verlaufenden 50-Tage-Durchschnitt zurückerobern, wäre das Chartbild wieder intakt und der Weg in Richtung Rekordhoch wieder frei.