Der Hype um Künstliche Intelligenz (KI) hat viele Tech-Werte zuletzt auf neue Rekordhöhen befördert. Im Mittelpunkt des Hypes steht der Chipdesigner NVIDIA. Unternehmen mit starkem KI-Bezug kommen an den GPU-Beschleunigern von NVIDIA derzeit nicht vorbei, wenn es um den Ausbau der Rechnerkapazitäten geht. Die NVIDIA-Chips finden seit Monaten reißenden Absatz und bescherten dem Konzern beeindruckende Wachstumsraten. Die Befürchtungen am Markt waren allerdings groß, dass NVIDIA mit seinen Geschäftszahlen für das am 28. Januar geendete vierte Quartal den enorm hohen Erwartungen nicht gerecht werden kann, weshalb einige Anleger im Vorfeld der Zahlenbekanntgabe Kasse machten. Doch NVIDIA lieferte erneut ab und übertraf gestern Abend die Markterwartungen deutlich.
Kaum ein Unternehmen steht mit dem Boom um Künstliche Intelligenz (KI) so in Zusammenhang wie der US-Chipdesigner NVIDIA. Unternehmen, die ihre KI-Aktivitäten erweitern möchten, müssen in erster Linie die Leistung ihrer Rechenzentren ausbauen. Und hier greifen die Unternehmen fast ausnahmslos auf die GPU-Beschleuniger von NVIDIA zurück. Schätzungen zufolge hat der US-Konzern bei GPUs für Rechenzentren derzeit einen Marktanteil von 98 Prozent.
Die reißende Nachfrage nach seinen GPU-Beschleunigern bescherte NVIDIA zuletzt fast nie für möglich gehaltene Wachstumsraten, zumindest für ein Unternehmen von dieser Größe. Im gerade abgelaufenen vierten Quartal (per 28. Januar) generierte der Konzern Umsätze in Höhe von 22,1 Milliarden US-Dollar. Dies war eine Steigerung im Vergleich zum Vorquartal von 22 Prozent und im Vergleich zum vierten Quartal des Vorjahres von sage und schreibe 265 Prozent. Netto verdiente NVIDIA im vierten Quartal auf GAAP-Basis 12,29 Milliarden Dollar – 769 Prozent mehr als im Vergleichsquartal des Vorjahres.
Umsatztreiber war der Geschäftsbereich Data Center, der die GPU-Beschleuniger für Rechenzentren umfasst. Mit 18,40 Milliarden Dollar übertraf der Konzern hier den Wert des Vorquartals um 27 Prozent und den Wert des Vergleichsquartals des Vorjahres um 409 Prozent.
NVIDIA übertraf sowohl beim Gewinn als auch beim Umsatz klar die Erwartungen der Analysten. Diese hatten im Konsens „Lediglich“ mit Erlösen in Höhe von 20,55 Milliarden Dollar gerechnet. Für das laufende erste Quartal des neuen Geschäftsjahres stellte der Konzern Erlöse in Höhe von 24 Milliarden Dollar in Aussicht – die Analysten hatten im Vorfeld im Konsens 22,17 Milliarden Dollar erwartet.
Die Zahlen waren beeindruckend und rechtfertigten zumindest die jüngste Euphorie um die NVIDIA-Aktie. Allerdings wird sich diese Erfolgsstory nicht dauerhaft fortsetzen. Und dafür gibt es gleich mehrere Gründe. Zum einen bestehen enorme Regulierungsrisiken, denn mit einem Marktanteil von 98 Prozent bei GPU-Beschleunigern für Rechenzentren hat NVIDIA eine enorme Marktmacht, die den Behörden in den verschiedenen Ländern nicht gefallen dürfte. Doch es gibt noch einen offensichtlicheren Grund. Der Wettbewerb um generative KI-Hardware wird immer härter. Und nahezu alle großen Unternehmen mit KI-Bezug arbeiten bereits an eigenen Chips. Auch sind die GPU-Beschleuniger H100/A100 von NVIDIA regelrechte Alleskönner und sehr teuer. Viele Unternehmen nutzen aber gar nicht das gesamte Spektrum der Chips, weshalb sie bereits an eigenen speziell auf die eigenen Bedürfnisse zugeschnittene Chips arbeiten. Zu nennen sind hier vor allem die Unternehmen Amazon, Alphabet, AMD, Microsoft und Meta. Viele dieser Unternehmen oder sogar alle dürften zu den fünf Unternehmen gehören, die laut einer Studie von Barclays allein für 46 Prozent der NVIDIA-Umsätze stehen.
Der Hype um NVIDIA scheint berechtigt zu sein – zumindest, bei Betrachtung der aktuellen Situation. Doch irgendwann ebbt das Ausbauen der Rechnerkapazitäten auch wieder ab oder die Unternehmen entwickeln ihre eigenen Chips. Wachstumsraten jenseits der 100-Prozent-Marke lassen sich nicht auf Dauer aufrechterhalten. Bei aller Euphorie um NVIDIA sollte dies zumindest im Hinterkopf behalten werden. Solange der Hype jedoch anhält, solange können Anleger auch von weiter steigenden Kursen träumen.
Die NVIDIA-Aktie erreichte in der vergangenen Woche bei 746,11 US-Dollar ein Rekordhoch, ehe es zu etwas kräftigeren Gewinnmitnahmen kam – im Tief ging es gestern bis auf 662,48 Dollar abwärts. Doch nach Vorlage der Q4-Zahlen schoss die Aktie im nachbörslichen Handel wieder bis auf 735,95 Dollar nach oben. Das Rekordhoch könnte also heute bereits wieder ein Thema werden. Wird das Hoch herausgenommen, würde sich erst einmal weiteres Aufwärtspotenzial eröffnen. Das gestrige Tagestief dürfte in der heutigen Eröffnung bereits wieder in weite Ferne rücken. Wird es jedoch unterschritten, könnte dies weitere Gewinnmitnahmen nach sich ziehen.