Die Entwicklung der Intel-Aktie gleicht in diesem Jahr einem Trauerspiel – das Papier des Chipkonzerns notiert seit Jahresanfang um mehr als 30 Prozent im Minus. Und das, obwohl viele Tech-Werte in den USA derzeit von einem Rekordhoch zum nächsten eilen. Vor allem der Halbleitersektor, dem auch Intel zugehört, läuft derzeit wie geschmiert – der Philadelphia Semiconductor Index (SOX), in dem die wichtigsten Unternehmen der Branche gelistet sind, notiert seit Jahresanfang um beeindruckende 38 Prozent im Plus. Zuletzt sprang jedoch auch die Intel-Aktie deutlich an. Möglicherweise der Beginn einer Aufholjagd?
Seit Jahren leidet der einstige Chip-Riese Intel unter einer schwachen Geschäftsentwicklung, weil er wichtige Trends verschlafen hat. Konzernboss Pat Gelsinger nennt es rückblickend einen großen Fehler, nicht auf die neuesten Fertigungsmaschinen des niederländischen Weltmarktführers ASML gesetzt zu haben. Leistungsstarke Halbleiter der neuesten Generation lassen sich nur mit ASML-Anlagen herstellen. Intel, einst selbst Marktführer im Chip-Bereich, hat in den vergangenen Jahren viele Marktanteile an die Konkurrenz verloren.
Dies spiegelt sich auch in der Bilanz wider – 2023 sank der Umsatz im Vergleich zum Vorjahr um 14 Prozent auf 54,2 Milliarden US-Dollar. Der Gewinn brach um 79 Prozent auf 1,68 Milliarden Dollar ein – 2021 wies Intel noch einen Jahresgewinn von knapp 20 Milliarden Dollar aus. Das Problem liegt in der Chip-Herstellung, wo der Umsatz im vergangenen Jahr um 31 Prozent auf 18,9 Milliarden Dollar einbrach. Der operative Verlust in der Sparte stieg im vergangenen Jahr sogar von 5,2 Milliarden auf 7 Milliarden Dollar. Und für 2024 stellte Intel-Chef Gelsinger sogar noch höhere operative Verluste in Aussicht.
Im Gegensatz zu vielen anderen großen Chip-Konzernen betreibt Intel eigene Fertigungswerke. Um nicht noch mehr Marktanteile zu verlieren und den Zug bei High-End-Chips völlig zu verpassen, musste Intel einige Fertigungsschritte an andere Unternehmen auslagern. Die Quote lag hier zuletzt bei 30 Prozent. Den Fehler, auf ASML-Anlagen zu verzichten, hat Intel inzwischen korrigiert und sich einige ASML-Maschinen zugelegt. Auch will Intel weiterhin Milliarden in neue Fertigungswerke investieren. Allein in den USA sollen für 100 Milliarden Dollar neue Chip-Fabriken errichtet werden. Hinzu kommen mehrere Bauprojekte in Europa, unter anderem in Magdeburg. Intel verspricht sich von seinen Chips der neuen Generation, die in der zweiten Jahreshälfte auf dem Markt kommen sollen, im Wettbewerb um leistungsstarke KI-Technologien wieder oben angreifen zu können. Auch Analysten versprechen sich sehr viel von den neuen „Lunar-Lake-Chips“, die vor allem in KI-Laptops integriert werden sollen. Nachdem der KI-Hype zuletzt eher im Server-Bereich stattfand, könnte er Analysten zufolge künftig in PCs stattfinden. Mit den neuen Prozessoren wäre Intel in diesem Bereich dann bestens aufgestellt.
Positive Analystenkommentare haben der Intel-Aktie zuletzt kräftigen Auftrieb gegeben. In der zurückliegenden Woche kletterte das Intel-Papier um mehr als 11 Prozent auf 34,85 US-Dollar nach oben. Die Aktie scheint damit aus einem mehrwöchigem Tiefschlaf erwacht zu sein. Der aktuell bei 31,03 Dollar verlaufende 50-Tage-Durchschnitt wurde deutlich überquert. Und auch die Kurslücke vom 26. April bei 34,50 Dollar wurde inzwischen geschlossen. Das nächste Anlaufziel könnte die aktuell bei 38,89 Dollar verlaufende 200-Tage-Linie sein, ehe das Hoch vom September bei 40,07 Dollar wieder in den Fokus rücken könnte.