Die Deutschen trinken immer weniger Bier – der Inlandsabsatz der in Deutschland ansässigen Brauereien sank 2024 gegenüber dem Vorjahr um 2,0 Prozent. Seit 2014 sank der Bierabsatz sogar um 13,7 Prozent. Umso überraschender waren gestern die Zahlen des niederländischen Brauereikonzerns Heineken, der weltweit im vergangenen Jahr 1,6 Prozent mehr Bier abgesetzt hat als im Vorjahr.
Der zweitgrößte Brauereikonzern der Welt, Heineken aus den Niederlanden, konnte die Börse in den vergangenen zwei Jahren kaum überzeugen. Angesichts eines schwierigen Umfelds, das von Inflation und sinkenden Volumina geprägt war, hat der Konzern allein in den vergangenen zwölf Monaten mehr als ein Viertel seiner Marktkapitalisierung eingebüßt. Grauenhaft verlief vor allem das Jahr 2023, als der Konzern einen im Vergleich zum Vorjahr um 4,7 Prozent niedrigeren Bierabsatz meldete.
Gestern überraschte der niederländische Konzern dann jedoch mit deutlich besser als erwarteten Zahlen für 2024. Der Bierabsatz stieg im vergangenen Jahr gegenüber dem Vorjahr um 1,6 Prozent. Das Besondere: Alle Regionen trugen zum Absatzwachstum bei, mit bemerkenswerten Zuwächsen in Indien, Nigeria, Vietnam, Brasilien und Mexiko. Die Premium-Marken von Heineken erzielten 2024 sogar ein Volumenwachstum von 8,8 Prozent.
Positiv aufgenommen wurden auch andere Kennzahlen. Der Umsatz sank im Vergleich zum Vorjahr zwar um etwas mehr 1 Prozent auf 35,96 Milliarden Euro, doch war der Rückgang hauptsächlich auf negative Währungseffekte zurückzuführen – speziell die Abwertung des Nigerianischen Naira, des Brasilianischen Real und des Mexikanischen Peso wirkten belastend. Das organische Umsatzwachstum betrug jedoch solide 5,0 Prozent.
Und auch der Rückgang des Nettogewinns um mehr als die Hälfte auf 978 Millionen Euro liest sich zunächst nicht sonderlich gut. Doch erklärt sich dies mit einem Einmaleffekt wegen einer Abschreibung in China, die schon das Halbjahresergebnis belastet hatte und daher nicht überraschte. Das operative Gewinnwachstum lag bei 8,3 Prozent und damit oberhalb des Zielkorridors zwischen 4 und 8 Prozent.
Eine Kennzahl fand bei den Analysten besondere Beachtung – die der Ausgaben für Werbung und Promotion, die im Jahresvergleich um 10,7 Prozent anstieg. Heineken beginnt endlich wieder in seine Marken zu reinvestieren, was in den beiden vorherigen Geschäftsjahren aus Sorge um die Gewinne nicht getan wurde.
Die Börse war im Vorfeld der Zahlen scheinbar viel zu pessimistisch eingestellt. Anders lässt sich der gestrige Kurssprung um mehr als 14 Prozent auf 77,54 Euro kaum erklären. Möglicherweise sorgte auch die Ankündigung eines Aktienrückkaufprogramms über 1,5 Milliarden Euro für zusätzliche Impulse. Von seinem Mehrjahrestief vom 15. Januar bei 63,58 Euro hat sich die Aktie erst einmal deutlich distanziert. Möglicherweise werden die Analysten in den kommenden Tagen wieder etwas optimistischer, was mit Kaufempfehlungen und Kurszielerhöhungen einhergehen dürfte. Die nächste signifikante Hürde taucht nun am aktuell bei 79,65 Euro verlaufenden 200-Tage-Durchschnitt auf, die im frühen Handel bereits getestet wurde. Weitere Hindernisse sind am Tief vom Oktober 2023 bei 81,54 Euro, am Hoch vom vergangenen September bei 83,86 Euro und am März-Tief bei 83,92 Euro zu lokalisieren. Übergeordnet könnte auch das Mai-Hoch bei 97,50 Euro alsbald wieder in den Fokus rücken.