Die Aktie des Rückversicherers Hannover Rück hat sich in einem schwierigen Marktumfeld zuletzt sehr gut aus der Affäre gezogen und gehört auf Monatssicht zu den wenigen Gewinnern im deutschen Leitindex DAX. Die Geschäfte der Hannoveraner laufen gut, wie die jüngst verkündeten Halbjahreszahlen zeigen.
Die Aussichten für die weltwirtschaftliche Entwicklung bleiben aufgrund der Auswirkungen durch den Ukraine-Krieg, die hohe Inflation und die damit verbundenen Zinserhöhungen weiterhin gedämpft. Doch des einen Leid, ist des anderen Freud. Denn während andere Unternehmen unter der gestiegenen Zinslast ächzen, kann man sich bei Hannover Rück zumindest über steigende Einnahmen aus Kapitalanlagen freuen. In den ersten sechs Monaten des Jahres erzielte der Konzern eine Kapitalanlagerendite von 3,0 Prozent. Für das Gesamtjahr erwartet der Konzern konservativ eine Rendite aus Kapitalanlagen von mindestens 2,4 Prozent.
Geopolitische Unsicherheiten, zunehmende Naturkatastrophen und hohe Inflationsraten treffen aber auch die Versicherungsbranche. Der Trend zu teureren, klimabedingten Katastrophenschäden hat sich nach Konzernangaben zuletzt fortgesetzt. Extreme Wetterereignisse wie tropische Wirbelstürme, Hitzewellen, Regenfälle und Waldbrände nehmen in vielen Regionen der Welt zu. Speziell die hohe Inflation lässt die dadurch entstehenden Schadenkosten immer weiter steigen. Allerdings steigen damit auch die Versicherungsprämien – „Wir haben in den Erneuerungsrunden des laufenden Jahres deutlich adäquatere Preise und Konditionen erzielt“, sagte Hannover-Rück-Chef Jean-Jacques Henchoz im Rahmen des alljährlichen Branchentreffens in Monte Carlo. Wie im Halbjahresbericht aufgeführt, belief sich der inflations- und risikoadjustierte Preisanstieg des erneuerten Geschäfts auf 4,8 Prozent.
Das Konzernergebnis konnte in den ersten sechs Monaten des Jahres im Vergleich zum ersten Halbjahr 2022 um 17,8 Prozent auf 960 Millionen Euro gesteigert werden. Der Rückversicherer erwartet eine ähnliche Entwicklung auch in der zweiten Jahreshälfte und peilt ein Konzernergebnis für das Gesamtjahr von 1,7 Milliarden Euro an.
Die Branche erwartet für die kommenden Jahre eine steigende Nachfrage nach Rückversicherungsschutz. Bisher konnten die Rückversicherer kräftige Preiserhöhungen durchsetzen. An dieser Entwicklung sollte sich zumindest kurzfristig wenig ändern. Steigende Schadenkosten sollte die Hannover Rück vorerst somit größtenteils mit steigenden Prämieneinnahmen ausgleichen können.
Charttechnisch hat sich die Aktie in den vergangenen Tagen von der Marktschwäche anstecken lassen und gab ebenfalls leicht nach. Vom erst kürzlich erreichten Rekordhoch bei 215,20 Euro hat sich die Aktie inzwischen um gut 10 Euro distanziert. Kurzfristig könnte der aktuell bei 203,21 Euro verlaufende 38-Tage-Durchschnitt noch einmal in den Fokus rücken. Hier könnte sich dann jedoch ein Einstieg lohnen. In einem freundlichen Marktumfeld könnte das Rekordhoch schnell wieder angesteuert werden. Sogar neue Rekordhöhen sind denkbar, zumal die kommenden Monate zumindest statistisch gesehen als die besten des Jahres gelten.