Der Goldpreis reagierte in den vergangenen Wochen besonders stark auf die Erwartungen der Investoren hinsichtlich der weiteren US-Geldpolitik. Aktuell profitiert er von der Hoffnung auf eine weniger restriktive „Gangart“ der Fed.
Bei der nächsten Zinsentscheidung der Fed (26. Juli) gilt ein Anheben der Leitzinsen um 25 Basispunkte zwar als sicher, schließlich zeigt das FedWatch-Tool des Terminbörsenbetreibers CME Group für ein solches Szenario derzeit eine Wahrscheinlichkeit von fast 100 Prozent an. Danach stehen die Chancen für eine Zinspause allerdings recht gut, nachdem schwächer als erwartete US-Konjunkturdaten und ein stärker als prognostizierter Rückgang der US-Inflation zu einem markanten Abflauen der Zinsängste geführt haben.
Für den Monat Juni war eine US-Inflationsrate in Höhe von 3,0 Prozent p.a. (Mai: 4,0 Prozent) gemeldet worden, was in erster Linie auf die stark rückläufigen Energiepreise zurückzuführen war. Obwohl sich die Inflation seit dem Jahresultimo (6,5 Prozent) mittlerweile mehr als halbiert hat, verteuerte sich der Inflationsschutz Gold seither um 8,5 Prozent. Diese vermeintliche Anomalie lässt sich zum einen auf die gestiegenen Rezessionsängste und zum anderen auf die nach wie vor labile Verfassung der globalen Finanzsysteme zurückführen. Beides erhöht die Anziehungskraft von Gold und stärkt seinen Ruf als „sicherer Hafen“ bzw. „Stabilitätsanker“ in diesen zweifellos unsicheren Zeiten.
Sowohl diesseits als auch jenseits des Atlantiks kann man bei Staatsanleihen eine inverse Zinsstruktur ausmachen, die sich dadurch bemerkbar macht, dass kurze Laufzeiten höhere Renditen bieten als Langläufer-Anleihen. In der Wirtschaftstheorie gilt ein solches Marktumfeld normalerweise als Indikator für eine bevorstehende Rezession. Für deutsche Anleger gilt das gelbe Edelmetall zudem aus einem weiteren Grund als kaufenswert. Mit den Renditen deutscher Staatsanleihen kann man immer noch nicht die inflationsbedingten Kaufkraftverluste dieser Anlageklasse ausgleichen, schließlich bewegt sich hierzulande die aktuelle Teuerungsrate über sechs Prozent und führt aufgrund der mageren Anleiherenditen zu deutlich negativen Realzinsen. Während solcher Marktphasen war Gold in der Vergangenheit als Bewahrer von Kaufkraft unter Geldanlegern in der Regel sehr gefragt.
Ende Juni drehte der Goldpreis oberhalb von 1.900 Dollar wieder nach oben und überwand die im Bereich von 1.965 Dollar verlaufende 100-Tage-Linie, was in der Chartlehre als Kaufsignal gilt. Sollte die psychologisch wichtige Marke von 2.000 Dollar signifikant überwunden werden, könnten chartinduzierte Käufe zu einem Angriff auf die charttechnische Widerstandszone oberhalb von 2.050 Dollar führen und möglicherweise ein neues Rekordhoch generieren. Als positiven Begleitumstand kann man zudem den nach wie vor intakten Aufwärtstrend der langfristigen 200-Tage-Linie interpretieren. Sollte diese Durchschnittslinie markant verletzt werden und wieder nach unten drehen, würde sich das charttechnische Sentiment aufgrund der damit verbundenen Verkaufssignale erheblich eintrüben. Derzeit überwiegen jedoch eindeutig die positiven Aspekte. Viele technische Indikatoren stehen derzeit auf „Kauf“. Auf der Charttechnik-Website Tradingview legen zum Beispiel von den insgesamt 26 erfassten Parametern gegenwärtig 15 das „Kaufen“, acht das „Halten“ und lediglich drei den „Verkauf“ von Gold nahe.