Der Goldpreis hat jüngst ein neues Rekordhoch erreicht. Für Auftrieb sorgte die Aussicht auf erste Zinssenkungen in den USA und Europa im kommenden Jahr. Denn fallen die Zinsen, wird das zinslose Gold für Investoren wieder attraktiver. Die gestrige Zinsentscheidung in den USA brachte zumindest neue Erkenntnisse, wie es in Sachen US-Zinspolitik in naher Zukunft weitergehen könnte.
Der Goldpreis wird von vielen Faktoren beeinflusst. Zu den wichtigsten gehört die Entwicklung der Leitzinsen. Wer im großen Stil Kapital benötigt, tut dies meist über den Anleihemarkt. Und da der US-Anleihemarkt der mit Abstand größte ist, ist vor allem die Entwicklung der Leitzinsen in den USA wichtig. Sind die Zinsen tendenziell recht hoch, muss ein Anleihe-Emittent, beispielsweise die USA, neu herausgegebene Anleihen auch lukrativ verzinsen, damit jemand die Anleihen kauft. Diese Zinsen sind in der Regel über einen bestimmten Zeitraum festgeschrieben. Je höher die Zinsen, desto höher ist in der Regel auch die Verzinsung bei Anleihen.
Wer sich jetzt fragt, was das alles mit Gold zu tun hat, dem sei gesagt – sehr viel. Denn Gold wirft keinerlei Erträge in Form von Zinsen oder Dividenden ab. Wer Gold besitzt, partizipiert in der Regel ausschließlich an der Wertentwicklung des Edelmetalls, die zudem noch Währungseinflüssen unterliegt. Daher wird Gold bei steigenden Zinsen für Investoren unattraktiver, da diese mit recht überschaubarem Risiko auch in Anleihen investieren können, die über einen gewissen Zeitraum feste Erträge generieren. Wer dennoch in Gold investiert, verzichtet auf Erträge. Diese entgangenen Erträge werden auch Opportunitätskosten genannt. Es sind zwar keine Kosten im eigentlichen Sinne, doch soll damit der entgangene Nutzen zu Anlagealternativen beziffert werden. Steigen also die Zinsen, steigen auch die Opportunitätskosten für ein Gold-Investment.
Die Zinsen in den USA liegen derzeit in einer Spanne zwischen 5,25 und 5,50 Prozent, was das höchste Niveau seit 22 Jahren ist. Dementsprechend hoch sind aktuell auch die Verzinsungen bei neu herausgegebenen Anleihen. Für langlaufende Anleihen werden in der Regel höhere Zinsen gezahlt als für kurzlaufende. Der Goldpreis ist zuletzt bereits kräftig gestiegen, da der Markt im kommenden Jahr mit ersten Zinssenkungen rechnet. Und sinken die Zinsen, müssen die Herausgeber von Anleihen die Investoren in der Regel auch nicht mehr mit so hohen Zinsen ködern. Ergo sinken auch die Opportunitätskosten für ein Goldinvestment.
Auf der gestrigen US-Zinssitzung wurden die Zinsen zwar noch nicht gesenkt, doch gaben die US-Währungshüter auch ihre neuen Zinsprognosen ab. Und Ende 2024 erwarten die 19 Mitglieder des US-Zinsausschusses mehrheitlich ein Zinsniveau von 4,63 Prozent, was auf drei Zinssenkungen á 25 Basispunkte hindeutet. Der Goldpreis sprang daraufhin um 48 US-Dollar oder 2,43 Prozent auf 2.028 Dollar in die Höhe. Wann genau die erste Zinssenkung in den USA zu erwarten ist, ist noch unklar, doch haben sich die Perspektiven für Gold deutlich gebessert.
Charttechnisch hat der Goldpreis Anfang Dezember die Hochpunkte aus den Jahren 2020 und 2022 bei 2.069 US-Dollar überquert und bei 2.090 Dollar ein neues Rekordhoch erreicht. Danach setzten allerdings kräftige Gewinnmitnahmen ein, die das Edelmetall wieder unter die 2.000-Dollar-Marke beförderten. Gestern ging es dann erneut über die 2.000er-Marke, womit sich das Chartbild wieder aufgehellt hat. Können die alten Hochpunkte bei 2.069 Dollar und die jüngste Bestmarke bei 2.090 Dollar überquert werden, würde sich auf der Oberseite reichlich Spielraum eröffnen. Da der Zeitpunkt für eine erste Zinssenkung aber immer noch unklar ist, könnten die Goldinvestoren vorerst aber noch Zurückhaltung walten lassen. Die 2.000er-Marke könnte daher vorerst noch im Fokus bleiben. Halt dürfte zudem die aktuell bei 1.955 Dollar verlaufende 200-Tage-Linie sein.