Logistikkonzerne haben es wegen der schwächelnden Weltkonjunktur derzeit nicht leicht. Speziell der Abschwung im Frachtgeschäft macht vielen Unternehmen zu schaffen. Der DHL Group geht es da nicht besser. Das Bonner Unternehmen öffnete gestern seine Bücher für das dritte Quartal und konnte weder mit dem Vorgelegten noch mit dem Ausblick überzeugen. Der Markt reagierte allerdings überaus gelassen, was darauf schließen lässt, dass bereits sehr viel Negatives im Aktienkurs enthalten war und ein Investment in das Papier unter langfristigen Aspekten nun eine Überlegung wert sein könnte.
Der Bonner Logistikkonzern DHL Group tat sich aufgrund der schwächelnden Weltkonjunktur auch im dritten Quartal des laufenden Geschäftsjahres schwer. Von Juli bis September konnten lediglich Erlöse in Höhe von 19,4 Milliarden Euro eingefahren werden. Damit wurde der Vorjahreswert um 19,3 Prozent verfehlt. Nach neun Monaten betrug der Umsatz 60,41 Milliarden Euro, was 10,25 Milliarden Euro oder 14,5 Prozent unter dem Vorjahreswert lag. Noch etwas kräftiger ging der operative Gewinn (EBIT) zurück. Im dritten Quartal lag dieser bei 1,37 Milliarden Euro und somit um 32,4 Prozent unter dem Wert des Vorjahres. Nach neun Monaten betrug das EBIT 4,70 Milliarden Euro, nach 6,51 Milliarden Euro im Vergleichszeitraum des Vorjahres.
Belastet hat vor allem der Abschwung im Frachtgeschäft. Der Umsatz mit Luftfracht hat sich im dritten Quartal auf 1,34 Milliarden Euro nahezu halbiert (minus 48,4 Prozent). Noch schlechter lief es bei der Seefracht, wo die Umsätze auf 1,29 Milliarden Euro einbrachen – ein Minus von 59,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Allerdings waren die Zahlen jetzt keine große Überraschung – der Markt hatte auf die Verschlechterung des Umfelds bereits ausreichend reagiert und die Aktie in den vergangenen Wochen auf Talfahrt geschickt. Mit der Vorlage der Q3-Zahlen wurde der Konzern auch bei seinen Jahreszielen etwas pessimistischer. Die Bonner hatten ihre Jahresziele bislang an drei makroökonomische Szenarien geknüpft. Im günstigsten Fall prognostizierten sie eine konjunkturelle Erholung ab Jahresmitte, womit ein operativer Gewinn (EBIT) in Höhe von etwa 7 Milliarden Euro erreichbar gewesen wäre. Doch von diesem Szenario hat sich das Unternehmen gestern bei der Vorlage der Q3-Zahlen verabschiedet. Der Konzern hielt jedoch an den beiden verbliebenen Szenarien einer späten oder ausbleibenden Erholung im Kalenderjahr fest. Neu erwartet das Unternehmen daher ein Konzern-EBIT für das Gesamtjahr zwischen 6,2 und 6,6 Milliarden Euro.
Nach einer ersten negativen Reaktion des Marktes griffen einige Marktteilnehmer aber wieder beherzt bei den Papieren des Logistikkonzerns zu – am Ende des Tages stand ein Zuwachs von 1,07 Euro oder 2,87 Prozent auf 38,20 Euro zu Buche. Möglicherweise war der Markt auch bereits zu negativ, denn die wirtschaftliche Talsohle ist nach Meinung einiger Experten bereits in Sichtweite. So stellte jüngst NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur eine leichte Erholung der deutschen Wirtschaft zum Jahresende in Aussicht. Der Internationale Währungsfonds (IWF) erhöhte in dieser Woche die BIP-Prognose für die chinesische Wirtschaft und erwartet für das Gesamtjahr nun ein Wachstum von 5,4 Prozent, nach zuvor 5,0 Prozent. Eine Erholung oder gar einen Aufschwung dürften Logistikkonzerne mit als erstes zu spüren bekommen.
Die DHL-Aktie hat jüngst den seit dem 31. Juli etablierten Abwärtstrend nach oben verlassen und so für einen ersten Hoffnungsschimmer gesorgt. Gestern wurde zudem der bei aktuell 38,11 Euro verlaufende 38-Tage-Durchschnitt überquert, womit sich das Chartbild weiter aufgehellt hat. Für Euphorie ist es möglicherweise noch zu früh. Kann aber auch das Zwischenhoch vom 12. Oktober bei 39,47 Euro überquert werden, könnte sich eine charttechnische Erholungsbewegung etablieren. Platz wäre zunächst bis zum aktuell bei 41,77 Euro verlaufenden 200-Tage-Durchschnitt, ehe das Hoch vom August 2022 bei 42,68 Euro angesteuert werden könnte In einem freundlichen Umfeld könnte mittelfristig sogar das Jahreshoch vom 31. Juli bei 47,05 Euro wieder in den Fokus rücken.