Die Aktien des US-Flugzeugbauers Boeing flogen in den vergangenen Wochen vielen anderen Werten im US-Leitindex Dow Jones davon – mit einem Zuwachs von etwas mehr als 18 Prozent entwickelten sich im vergangenen Monat nur die Aktien der US-Apothekenkette Walgreens Boots Alliance besser. Dabei laufen die Geschäfte bei Boeing bei weitem nicht so gut wie man angesichts der Kursperformance denken könnte. Doch mittel- bis langfristig könnte der einst größte Flugzeugbauer der Welt wieder an frühere Erfolge anknüpfen.
Der US-Flugzeugbauer Boeing legte jüngst seine Zahlen für das dritte Quartal des laufenden Geschäftsjahres vor und konnte damit nicht wirklich überzeugen. Der Umsatz stieg im Vergleich zum Vorjahr zwar um 13 Prozent auf 18,1 Milliarden US-Dollar, doch musste der Konzern beim Gewinn erneut rote Zahlen schreiben. Der operative Verlust konnte im Vergleich zum Vorjahr zwar in etwa gedrittelt werden, betrug aber noch immer 1,09 Milliarden Dollar. Unter dem Strich stand sogar ein Verlust von 1,64 Milliarden Dollar zu Buche. Belastet haben hier vor allem ein Satelliten-Programm sowie die neue Generation des US-Präsidenten-Flugzeugs Air Force One, die allein einen Verlust von etwa 800 Millionen Dollar verursachten. In den ersten neun Monaten des Jahres ist insgesamt ein Fehlbetrag von 2,2 Milliarden Dollar aufgelaufen. Nach Einschätzung von Analysten zeichnet sich für Boeing damit das fünfte Verlustjahr in Folge ab.
Wegen Problemen mit einem Zulieferer wird der Flugzeugbauer auch in diesem Jahr sein Produktionsziel für den Kassenschlager 737 verfehlen. Nötige Überprüfungen und Nacharbeiten an den Maschinen hätten zur Folge, dass in diesem Jahr voraussichtlich nur 375 bis 400 Jets der 737-Reihe ausgeliefert werden können. Im September hatte das Management seine Planung für 2023 bereits auf 400 Exemplare reduziert, nachdem zuvor noch zwischen 400 bis 450 Maschinen die Rede war. Allerdings reagierte der Markt alles andere als besorgt auf die Entwicklungen bei Boeing. Im Gegenteil, er honorierte die mittel- bis langfristigen Perspektiven des Flugzeugbauers.
Denn Boeing dürfte nach dem Absturz zweier Maschinen des Typs 737 MAX vor gut fünf Jahren und den anschließenden Problemen das Schlimmste hinter sich haben. Die Maschinen des Typs 737 werden von den Kunden inzwischen wieder angenommen und bestellt. So orderte etwa die deutsche Fluggesellschaft Lufthansa jüngst 40 Maschinen des Typs 737-8 MAX und sicherte sich zudem Optionen auf 60 weitere Maschinen.
Auch die mittelfristigen Produktionspläne von Boeing geben Grund zur Hoffnung, dass sich alles wieder zum Besseren wendet. Boeing plant, die Produktion seines meistverkauften Schmalrumpfflugzeugs 737 bis Juli 2025 auf eine Rekordzahl von mindestens 57 Flugzeugen pro Monat zu erhöhen. Der Zeitplan sieht vor, dass die 737-Produktion bis Ende des Jahres auf 42 Jets pro Monat steigt. Danach soll die monatliche Produktion der 737 auf 47 Jets im Juni 2024 und 52 Jets im Dezember 2024 steigen. Im Juli 2025 sollen sie dann eine konstante Rate von 57 Flugzeugen pro Monat erreichen. Vom Langstreckenflugzeug Boeing 787 sollen bis Jahresende fünf pro Monat montiert werden, zurzeit sind es vier. Bis 2025 oder 2026 sollen es zehn pro Monat werden. Die Orderbücher sind derweil prall gefüllt: Boeing bezifferte den Auftragsbestand per Ende September auf 5.100 Verkehrsflugzeuge oder etwa 469 Milliarden Dollar.
Charttechnisch ist die Aktie zuletzt abgehoben. Fiel das Papier des US-Flugzeugbauers am 22. Oktober noch auf ein Jahrestief bei 176,25 US-Dollar, so ging es danach fast nur noch aufwärts. Gestern kletterte die Aktie bis auf 266,13 Dollar und erreichte somit ein neues Jahreshoch. Auf der Oberseite ist zunächst noch Platz bis zum Hoch vom März 2021 bei 278,57 Dollar. Ist die Aktie auch hier nicht aufzuhalten, würde sich reichlich Aufwärtspotenzial eröffnen – vor den 737-Problemen notierte die Aktie noch deutlich oberhalb der 400-Dollar-Marke. Auf der Unterseite hat sich die Aktie zuletzt etwas Luft verschafft. Das Chartbild würde sich erst wieder etwas gravierender eintrüben, wenn das August-Hoch bei 243,10 Dollar unterschritten wird.