Der Konsumgüterhersteller Beiersdorf ist wohl endgültig aus seinem Dornröschenschlaf erwacht. Nach einer Dekade ohne nennenswertem Wachstum wächst der Konzern inzwischen prozentual zweistellig und lässt damit sogar die Konkurrenz alt aussehen – Beiersdorf war 2023 der am schnellsten wachsende Kosmetikkonzern.
Beiersdorf hat kürzlich seine Zahlen für das Geschäftsjahr 2023 vorgelegt, die sich sehen lassen konnten. Der Konsumgüterhersteller steigerte den Umsatz aus eigener Kraft im Vergleich zum Vorjahr um 10,8 Prozent auf einen neuen Rekordwert von 9,45 Milliarden Euro und ist damit so stark gewachsen wie noch nie in seiner Geschichte. Bereits 2022 ist der Konzern organisch um 10,2 Prozent und damit prozentual zweistellig gewachsen. Rechnet man das Klebstoffgeschäft tesa heraus, das 2023 kaum gewachsen ist und mit einem Umsatz von 1,67 Milliarden Euro lediglich noch rund 18 Prozent zum Gesamtumsatz beigetragen hat, sehen die Wachstumszahlen für 2023 sogar noch beeindruckender aus. Der Umsatz der Sparte Consumer wuchs organisch sogar um 12,5 Prozent auf 7,78 Milliarden Euro.
Speziell die Kernmarke NIVEA wuchs so stark wie noch nie in diesem Jahrhundert – das organische Umsatzwachstum betrug 16,2 Prozent auf 5,2 Milliarden Euro. Damit wurde erstmals in der Geschichte die Umsatzmarke von 5 Milliarden Euro übertroffen. Die meisten Konkurrenten konnten ihre Umsätze 2023 wegen Preiserhöhungen zwar ebenfalls steigern, doch klagten viele von ihnen über sinkende Absätze. Beiersdorf konnte auch seine Verkaufszahlen steigern.
Noch stärker wuchs das Derma-Geschäft, also der medizinische Hautpflegebereich. Hier wurde ein organisches Umsatzwachstum von 24 Prozent auf 1,3 Milliarden Euro erzielt. Beiersdorf bezeichnet sich selbst als das am schnellsten wachsende Unternehmen im Beauty-Bereich – Marktführer L’Oréal kam 2023 „nur“ auf ein Umsatzsatzwachstum im Konsumentenbereich von 11 Prozent.
Beiersdorf blickt inzwischen auf Wachstumsraten zurück, die jahrelang utopisch waren. Die Wende kam im Mai 2021, als Vincent Warnery zum neuen Konzernchef ernannt wurde. Unter Führung des Franzosen wurde vor allem die Strategie bei der Kernmarke NIVEA geändert. Statt neue Kosmetik nacheinander in lokalen Märkten an den Start zu bringen, setzt das Unternehmen nun auf globale Produkteinführungen, die von ebenfalls weltweiten Marketingmaßnahmen begleitet werden. Zudem investiert Beiersdorf in weniger, dafür aber innovativere Produkte. Die Entwicklung von Deos, Duschgel oder Seife wurde zurückgefahren und mehr in den Wachstumsmarkt Haut- und Gesichtspflege investiert.
Lange Zeit hat sich Beiersdorf bei der Kernmarke NIVEA zu sehr nur auf Deutschland oder andere große Länder konzentriert. Dies soll geändert werden. Laut Warnery werden in 60 Prozent der Länder der Welt kaum oder kein Geschäft mit margenstarken Produkten wie Gesichtspflege oder Sonnenschutz von Nivea angeboten. Für den 55-jährigen Franzosen ergibt sich daraus allein mathematisch gesehen noch enormes Wachstumspotenzial.
Wachsen will der Konzern auch durch Übernahmen. Beiersdorf hält aktuell Cash in Höhe von 5 Milliarden Euro. Analysten kritisierten zuletzt des Öfteren, dass Beiersdorf in Sachen Übernahmen in den vergangenen Jahren zu wenig getan hat. Doch Warnery beteuerte, dass sich dies bald ändern werde.
Viele Jahre konnte sich die Beiersdorf-Aktie nicht nachhaltig von der 100-Euro-Marke nach oben absetzen. Dies gelang erst gegen Ende 2022. Seither ging es allerdings kontinuierlich aufwärts – Anfang Februar erreichte die Aktie bei 143,90 Euro ein neues Rekordhoch. Danach kam es zu Gewinnmitnahmen, die bis Ende Februar anhielten. Zuletzt ging es aber wieder aufwärts. Kann der aktuell bei 136,59 Euro verlaufende 38-Tage-Durchschnitt nachhaltig zurückerobert werden, könnte das Rekordhoch wieder angesteuert werden. Auf der Unterseite sollten das Februar-Tief bei 129,30 Euro und der aktuell bei 126,35 Euro verlaufende 200-Tage-Durchschnitt für Halt sorgen.