Der Halbleitermarkt erholt sich nur langsam, was neben den Chip-Produzenten auch der Hersteller von Halbleiter-Produktionsanlagen ASML zu spüren bekommt. Mit den jüngsten Quartalszahlen konnte der niederländische Chipausrüster jedoch überzeugen, da die Auftragsbücher weiterhin prall gefüllt sind. Allerdings lässt die Dynamik in den Büchern deutlich nach. Die ASML-Aktie kletterte vor wenigen Tagen aber dennoch auf ein neues Jahreshoch.
Ohne die Maschinen von ASML gäbe es wohl keine Hochleistungschips für High-End-Smartphones und autonomes Fahren. Der europäische Chipausrüster ist eines der wenigen Unternehmen, das die sogenannte EUV-Technologie beherrscht. Eine Technologie, mit der sich mithilfe ultrakurzer und extrem ultravioletter Strahlen (EUV) die kleinsten und leistungsfähigsten Chips auf dem Markt herstellen lassen. Die EUV-Technologie verschiebt laut Experten die Grenzen des technologisch Machbaren — für Zukunftstrends wie Autonomes Fahren, Künstliche Intelligenz oder 5G ist sie unabdingbar. Nach Corona, Materialengpässen und Lieferkettenproblemen befindet sich die Chip-Industrie allerdings noch immer in einer Erholungsphase. Europas wertvollster Tech-Konzern sieht derzeit gemischte Signale bei der Nachfrage in den Endmärkten. So bauten einige große Kunden weiterhin Lagerbestände ab, während andere in diese Lücken sprangen und ihre Lager ausfüllten.
Aufgrund der schnelleren Installation und früheren Abnahme der Systeme konnte ASML im ersten Quartal (Januar bis März) sowohl Umsatz als auch Gewinn weiter kräftig steigern. Der Umsatz kletterte im Vergleich zum Vorquartal um knapp 5 Prozent auf 6,75 Milliarden Euro. Im Vergleich zum Auftaktquartal des Vorjahres stiegen die Umsätze sogar um 91 Prozent. Der Gewinn konnte zum Vorquartal um 7,6 Prozent auf 1,96 Milliarden Euro verbessert werden — im Vorjahresquartal waren es gerade einmal 695 Millionen Euro. Die Bruttomarge ging im ersten Quartal im Vergleich zum Vorquartal zwar von 51,5 auf 50,6 Prozent zurück, lag aber deutlich über dem Wert des Vorjahres (49,0 Prozent).
Mit den Zahlen konnten die durchschnittlichen Analystenerwartungen übertroffen werden. Allerdings konnte ASML nicht in allen Bereichen überzeugen. Ein Dorn im Auge war den Analysten die Nettobestellungen im ersten Quartal in Höhe von 3,75 Milliarden Euro, nachdem im Vorquartal noch Aufträge für 6,32 Milliarden Euro eingingen. Grund zur Beunruhigung gibt es allerdings noch nicht, denn die Gesamtnachfrage übersteigt noch immer die Produktionskapazitäten des Konzerns für dieses Jahr — der Auftragsbestand lag per Ende März bei 38,9 Milliarden Euro.
Und so rechnet ASML-Vorstandschef Peter Wennink mit der Fortsetzung des „starken“ Wachstums. Für das zweite Quartal wird ein Umsatz zwischen 6,5 und 7,0 Milliarden Euro angepeilt — die durchschnittlichen Analystenerwartungen lagen zuvor bei 6,4 Milliarden Euro. Der Umsatz im Gesamtjahr soll im Vergleich zum Geschäftsjahr 2022 um 25 Prozent zulegen.
In einer ersten Reaktion zeigte sich der Markt speziell wegen des leicht rückläufigen Neugeschäfts etwas enttäuscht — die Aktie gab nach und erreichte gegen Ende April knapp oberhalb des 200-Tage-Durchschnitts bei 545,70 Euro ein frisches 3-Monats-Tief, ehe das Kaufinteresse zurückkehrte. In der Folge legte die Aktie einen Zwischenspurt hin und kletterte in der vergangenen Woche über das Februar-Hoch bei 639,50 Euro und auch über das Zwischenhoch vom März 2022 bei 642,00 Euro. Bei 657,10 Euro wurde im Anschluss ein neues Jahreshoch erreicht, ehe Gewinnmitnahmen die Aktie wieder bis auf 617,20 Euro beförderten. Heute geht es für die Aktie jedoch wieder kräftig aufwärts. Im frühen Handel wurde bei 659,70 Euro sogar ein neues Jahreshoch erreicht. Mit dem erneuten Überqueren des Zwischenhochs vom März 2022 bei 642,00 Euro ist auch das Rekordhoch vom November 2021 bei 777,50 Euro wieder in den Fokus gerückt. Zuvor stellen sich nur noch das Zwischenhoch vom Dezember 2021 bei 724,50 Euro sowie das Zwischenhoch vom September 2021 bei 764,40 Euro in den Weg.